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Das Potenzial der Dörfer entdecken

Beim Rundgang durch Lißberg erfuhren die Besucher, welche Chancen und Möglichkeiten die Landesgartenschau 2027 auch kleineren Orten bietet

Die Landesgartenschau (LGS) 2027 wird in elf Kommunen in der Wetterau und im Vogelsberg (Schotten) stattfinden. Es wird Orte geben, an denen naturgemäß mehr los ist, die täglich viele Zuschauer anlocken. Aber es gibt auch die kleinen Orte, die Dörfer, die von den Besuchern erst noch entdeckt werden wollen. Welche Chancen und Möglichkeiten sich durch die Veranstaltung in fünf Jahren auch für sie bieten, sollte jetzt ein Rundgang deutlich machen, der den Beginn einer ganzen Reihe von Besuchen einläutet. Eingeladen hatte neben der Dorf-Akademie Wetterau/Oberhessen unter dem Dach der Wirtschaftsförderung Wetterau (wfg), auch der Ortsbeirat Lißberg, die Stadt Ortenberg, der Verein Oberhessen sowie der Verein Wirtschaft.Regionalentwicklung.Wetterau.

Den Anfang machte jetzt Lißberg. Der Ortsteil von Ortenberg, der einst sogar Stadtrechte hatte, ist geschichtsträchtig, feiert in diesem Jahr 800. Geburtstag. Eine Burg wacht über den Ort, schmale, kopfsteingepflasterte Gassen und Fachwerkhäuser zeichnen den Kern aus ebenso wie eine wache und engagierte Bürgerschaft, die zahlreich zum Termin gekommen war. Auch Interessierte aus anderen Kommunen waren dabei, um sich ein Bild zu machen und vielleicht Ideen für eigene Projekte zu bekommen.

Die Einleitung in diesen Projekttag machte Klaus Karger, Geschäftsführer der wfg, in der ausdrucksvollen Kulisse der Burghalle. „Die Dorf-Akademie versteht sich als Impuls- und Austauschplattform für alle Bewohner der LEADER-Kommunen“, erklärt die Projektmanagerin der Dorf-Akademie Sina Happel. „Mithilfe des heutigen Ortsrundganges wollen wir Lißberg aus vielfältigen Blickwinkeln kennenlernen, aber auch erste Impulse für die Region im Kontext der LGS setzen.“

Florian Herrmann, Geschäftsführer der Landesgartenschau Oberhessen 2027 gGmbH, berichtet, dass es zwei bis drei Kernbereiche geben werde, wo die gärtnerischen Pflichtelement gezeigt werden. „Darüber hinaus wollen wir es schaffen, die insgesamt 87 Ortsteile so gut es geht in Szene zu setzen“, so Herrmann. Dabei wolle man die Dörfer aber auch nicht überfordern. Die Region sei zwar überaus sehens- und zeigenswert, gleichwohl gebe es keine Blaupause für eine solche Veranstaltung über Ortschaften hinweg. Eine Herausforderung, so Herrmann: „Wir erfinden hier etwas ganz Neues.“

Den Blick schärfen

Beim Weg über Kopfsteinpflaster, die alles überragende Burg im Rücken, machte sich die Gruppe auf, um einige markante Punkte zu erkunden. „Das ist wie im Urlaub hier“, entfuhr es einem der Teilnehmer des Rundgangs beim Blick auf die pittoreske Landschaft. Dass die Aussicht in dem Fall menschengemacht ist, tut dem Genuss keinen Abbruch. Der Ausgleichsweiher des Nidderkraftwerks passt ins Bild. Vermutlich hat der Besucher schon des Öfteren genau diesen Blick genossen. Aber wie das immer so ist: Was man täglich vor Augen hat, verliert den Reiz, wird beliebig. Um das Potenzial aufzuzeigen und den Blick zu schärfen, waren der Bad Nauheimer Architekt und Vorsitzende des Denkmalbeirats Wetterau, Gustav Jung, sowie die Büdinger Landschaftsarchitektin, Anette Schött, dabei.

Dabei, so wurde auch beim Rundgang deutlich, geht es im Rahmen der LGS in den beteiligten Orten weniger um große Investitionen, sondern vielmehr darum, den Blick auf die Dörfer im ländlichen Raum zu weiten und Potenziale offenzulegen. Dazu gehörte auch jener Aussichtspunkt, der die „Urlaubsgefühle“ weckte. An dieser Stelle könnte sich Anette Schött einen Freisitz vorstellen, auf den sich Besucher niederlassen, um die Landschaft zu genießen. Mit einer Zeichnung machte sie deutlich, wie ein solcher Bau aussehen könnte.

Weiter ging es am ertüchtigten Backhaus vorbei. Dass das Gebäude inklusive Backofen wieder seinen Dienst tut, ist engagierten Bürgern zu verdanken. Rudolf Beck, Mechthilde Redling und Manfred Redling bilden die Arbeitsgemeinschaft Regionalgeschichte Lißberg (ARgL). Die ARgL pflegt nicht nur Kontakte, besucht Archive und trägt Wissenswertes in Form von kleinen Geschichtsheftchen zusammen. Sie haben sich auch um die Restaurierung des alten Backhauses oder die Sanierung des Backofens gekümmert.

Gelungene Gartengestaltung

Ein Beispiel für eine gelungene Gartengestaltung zeigte Anette Schött am Haus von Kräuterfrau Beate Schubert, die den Besuchern eine selbst hergestellte Kräuterlimonade servierte. In diesem naturbelassenen Garten, der sich stimmig in die grüne Umgebung einpasst, kommt das Auge zur Ruhe und hat dennoch eine Menge zu entdecken.

Auf dem anschließenden Burgrundweg wäre eine wunderbare Aussicht in die Umgebung möglich. Schött hatte auch hier eine Zeichnung mitgebracht, um zu verdeutlichen, mit welch einfachen Mitteln ein neuer Blick möglich wäre. Mit einem großen Bilderrahmen könnte das Weite quasi eingerahmt werden. Einzig die Frage, wie der Weg dauerhaft von dem wuchernden Grün freigehalten werden kann, beschäftigte die Besucher.

Mit ganz viel Eigenleistung haben sie in Lißberg zudem ein Gelände mit Wassertret- und Armbecken eingerichtet. Daneben gibt es Ruhebänke, auf denen auch viele Radfahrer und Wanderer rasten. Denn nebenan verläuft direkt der schnurgerade Vulkanradweg. Das Wasser für die beiden Becken wird aus der nahegelegenen Quelle gespeist, die kontinuierlich frisches Nass mit gleichbleibender Temperatur liefert. Die Idee von Schött: Angelehnt an die Lehren von Pfarrer Kneipp könnte man auf dem Gelände einen Kräutergarten anlegen.

Abschließend lockte nicht nur ein Buffet, um sich nach dem Rundgang zu stärken. Wer wollte, konnte auch das Musikinstrumentenmuseum besuchen, das an dem Tag für die Besucher geöffnet hatte. Hier findet sich unter anderem die weltgrößte Sammlung von Drehleiern und Dudelsäcken. Nicht zuletzt konnten sich die Teilnehmer noch künstlerisch betätigen. Die Friedberger Sigrid Torff-Behrens und Matthias Burhenne vom Projekt „Urban Sketching“ luden dazu ein, selbst den Stift in die Hand zu nehmen, um Skizzen der Umgebung anzufertigen.

„Der heutige Projekttag in Lißberg verdeutlicht, welche Ideen und Chancen, aber auch Herausforderungen die LGS 2027 mit sich bringen kann“, fasst Bernd-Uwe Domes, Geschäftsführer der wfg, die Ergebnisse des Tages zusammen. „Vor der Frage „Wo stehen wir und wo wollen wir hin?“ markiert Lißberg nun den Ausgangspunkt für weitere Veranstaltungen dieser Art, um auch anderen Orten der LGS Beispiele für Präsentationsmöglichkeiten zu geben und deren Sichtbarkeit zu erhöhen.“

Weitere Informationen zur Dorf-Akademie Wetterau/Oberhessen finden Sie hier.
Weitere Informationen zur Landesgartenschau 2027 finden Sie hier.